Von Joana Cotar
Manchmal kommen Überwachungspläne im Schafspelz daher. Die „Chatkontrolle“ ist so ein Fall. Angeblich geht es um den Schutz von Kindern, in Wahrheit jedoch um die totale Durchleuchtung unserer Kommunikation. Es ist ein Anschlag auf unsere Freiheit.
Was ist geplant?
Messenger wie Signal, WhatsApp, Telegram oder Facebook sollen dazu gezwungen werden, künftig automatisch alle Nachrichten durchsuchen, noch bevor sie verschlüsselt werden. „Client-Side-Scanning“ nennt man das. Klingt nüchtern, ist aber brandgefährlich. Denn es bedeutet, dass mein Smartphone zum Spitzel gegen mich selbst wird. Jede private Nachricht, jedes intime Foto, jeder vertrauliche Austausch kann in den Fängen einer Maschine oder Behörde landen, die darüber urteilt, ob ich verdächtig bin.
Natürlich stellt niemand den Schutz von Kindern in Frage, aber hier wird er missbraucht, um eine Überwachungsarchitektur zu etablieren, die am Ende uns alle trifft. Ein Staat, der anlasslos in jedes Gespräch hineinhört, überschreitet eine rote Linie.
Deutschland hat die Pläne bisher blockiert und bei Abstimmungen mit dafür gesorgt, dass die Chatkontrolle nicht kommt. Doch plötzlich signalisiert des Innenministerium Kompromissbereitschaft und wenn die Bundesregierung einknickt, kippt die ganze europäische Sperrminorität. Dann wird aus dem Albtraum Realität.
Was folgt, wenn man diese Schleuse öffnet, ist absehbar. Algorithmen erzeugen Falschmeldungen, Millionen unschuldiger Bürger geraten unter Verdacht. Und selbst wenn die Systeme „funktionieren“ sollten: Wer garantiert, dass sie nicht irgendwann auch für andere Zwecke eingesetzt werden? Heute gegen Kindesmissbrauch, morgen gegen Terror, übermorgen gegen „Hassrede“. Schritt für Schritt wird der Ausnahmezustand zur Normalität.
Die Wahrheit ist schlicht: Chatkontrolle schützt keine Kinder. Sie macht Bürger gläsern. Sie ersetzt Freiheit durch Misstrauen. Sie verwandelt den digitalen Raum in eine permanente Kontrollzone.
Und sie ist ein Angriff auf das Denken selbst. Denn wer weiß, dass jedes Wort, jedes Bild potenziell überprüft wird, beginnt, sich selbst zu zensieren. Dieser „Chilling Effect“ ist Gift für eine offene Gesellschaft. Wo Angst herrscht, schweigt der Widerspruch. Die Folge ist ein Klima der Anpassung, der digitale Mensch als gehorsamer Untertan.
Die einzige richtige Antwort darauf lautet deshalb: Nein.
Kein Kompromiss, kein Deal, kein technischer Feinschliff. Wer die Chatkontrolle zulässt, gibt das Grundrecht auf private Kommunikation preis und wird es nie wieder zurückbekommen.